Ein Urgestein mit Lehm – Blick

Er gehört zweifelsohne zum Urgestein seiner Branche, wechselte seinerzeit vom Sandkasten direkt in die Sandgrube. Und dort führt Steffen Rysse mit seinen 70 Jahren auch heute noch Regie. Genau deshalb haben wir den Geschäftsführer des mittelhessischen Familienunternehmens interviewt. Weil er die Vergangenheit kennt und doch mitten in der modernen Welt steht, ist Rysse der ideale Gesprächspartner für ein besonderes Thema: Lehm.

Herr Rysse, wenn Sie heutzutage Lehmputze und Lehmfarben propagieren, tischen Sie uns dann vielleicht doch eher olle Kamellen auf? Wer verarbeitet denn heutzutage noch Lehm in seinem Haus oder in der Wohnung?

Rysse: Sie werden sicher staunen, aber es sind immer mehr Menschen, die moderne Lehmbaustoffe zu schätzen wissen. Und ich bin sicher: Es werden immer mehr.Lehmputz gehört zu den ältersten Baumaterialien der Menschheit
Nennen Sie doch bitte mal fünf Beispiele (Vorteile von Lehmbaustoffe)
Aus was bestehen denn Lehmbaustoffe überhaupt?
Haben Lehmbaustoffe denn eine Zukunft?
Sie leben bestimmt in einem Fachwerkhaus

Lehm gehört zu den ältesten Baumaterialien der Menschheit. Sollen wir bauen wie vor tausend Jahren?

Rysse: Dem ersten Teil Ihrer Frage stimme ich zu. Dem zweiten nicht. Ich spreche schließlich von modernen Lehmbaustoffen. Wir stampfen heute nicht mehr mit den Füßen Lehm und klatschen ihn dann an die Wand.

Sondern?

Rysse: Lehmputze, Lehmfarben, Lehmplatten und vieles mehr wird nach dem heutigen Stand der Technik hergestellt und verarbeitet. Mein Prinzip war und ist: Bewährtes mit moderner Technik verbinden.

Und was hat sich bewährt? Nennen Sie doch bitte mal fünf Beispiele.

Rysse: Lehmbaustoffe sind schadstofffrei, ohne Zusatzstoffe. Sie sind wärmespeichernd und schalldämmend. Sie sind geruchsabsorbierend und umweltfreundlich.

Das waren schon fünf Beispiele.

Rysse: Aber lassen Sie mich noch einen wichtigen Aspekt hinzufügen. Lehmbaustoffe sind im Umfeld von Allergikern ideal. Menschen, die mit Allergien zu kämpfen haben, werden diesen Vorteil am eigenen Leib erfahren.

Mal grundsätzlich gefragt: Aus was bestehen denn Lehmbaustoffe überhaupt?

Rysse: Hier bei uns in Deutschland aus Ton und Sand. Die Mischung bestimmt dann die Körnung, also beispielsweise, ob der Putz glatt und fein oder eher grob und rustikal sein soll.

Ton und Sand sind doch eigentlich Produkte, die wir hier vor Ort auch finden.

Rysse: Ja sicher. Deutschland ist damit gesegnet. Hier muss nichts aus China importiert werden. Früher hatte doch jedes Dorf eine sogenannte Lehmkaut. Es wurde das verarbeitet, was auch im Ort oder in unmittelbarer Nähe vorhanden war. Alleine der Transport war in früheren Zeiten schon ein Problem.

Und die Verarbeitung war sicherlich nicht einfach.

Rysse: Keine Sorge: Lehmbaustoffe bestehen heutzutage nicht aus Kuhfladen. Das meine ich, wenn ich sage, dass wir moderne Technik für Altbewährtes nutzen. Lehm stinkt nicht. Aber Lehmprodukte sind auch einfach zu verarbeiten.

Und überall?

Rysse: Nahezu überall. In allen Wohnbereichen, auch im Bad, wobei der direkte Spritzwasserkontakt ausgespart werden sollte. Aber ansonsten keine Probleme.

Wie sind Sie eigentlich zum Lehm gekommen?

Rysse: Wir hatten damals eine neue Sandgrube eröffnet. Und da kam auch eine Schicht Lehm zutage. Dann kam einer und hat gefragt, ob er Lehm holen dürfe. Um im Weinkeller einen Boden zu machen. Damals haben sich noch nicht so viele Menschen für Lehm als Baustoff interessiert. Aber mich hat es dann interessiert. Ich habe das Thema nicht studiert, aber bringe inzwischen einige Jahrzehnte an Erfahrung ein.

Haben Lehmbaustoffe denn eine Zukunft?

Rysse: Davon bin ich felsenfest überzeugt. Denke Sie nur an die vielen Vorteile, über die wir gesprochen haben. Oder den ökologischen Aspekt, dass das Material in unserem Land vorhanden ist. Sicherlich werden heute keine neuen Fachwerkscheunen gebaut, aber gerade in modernen Häusern wird sehr viel Wert auf gutes Material gelegt. Da liegen Lehmbaustoffe ganz vorne.

Zum Schluss noch einmal Hand aufs Herz: Sie leben bestimmt in einem Fachwerkhaus.

Rysse: Nein, das nicht. Aber glauben Sie mir, ich würde den Leuten niemals etwas anbieten, von dem ich selbst nicht überzeugt bin. (Und dabei zeigt er auf eine lehmverputzte Innenwand in seinem Büro)

 

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